newsletter 3/2005

Liebe metalogikon - Interessierte!

Die Zukunft ist nicht etwas, was auf uns zukommt. Wir gestalten unsere Zukunft im Hier und Jetzt, durch unser Denken und Handeln sowie durch unsere Träume und Vorstellungen. Die Beiträge in diesem Newsletter dienen diesen Gedanken. Rudy Attems und Christoph Mandl stellen sich in ihren Beiträgen die Frage, ob in einem Klima der kurzfristigen Gewinnmaximierung die Kraft für Innovation und langfristiger Unternehmenserfolg erzielt werden können. Marie Luise Stiefel führt Sie in ihre Zukunft von Städten, Dörfern und Regionen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen.
Mit metalogischen Grüßen,
Dagmar Hlebic
Newsletter Redakteurin
 
In dieser Ausgabe lesen Sie:
  • Vernichtung von Ressourcen als Wettbewerbsfaktor für Europa? Ausstiegshilfen aus dem Mainstreamdenken
  • Zur Genesis von inn[o]pact
  • Metalogisches in die Städte, Dörfer und Regionen!
  • Veranstaltungen, Projekte, Interessantes...

Vernichtung von Ressourcen als Wettbewerbsfaktor für Europa? Ausstiegshilfen aus dem Mainstreamdenken

"Ausgliedern, verlagern, abbauen" - so könnte man das zusammenfassen, was sich derzeit in den Köpfen der Topmanager als Strategien zur Stärkung der Wettbewerbskraft ihrer Unternehmen befindet. Gerade scheint diese "Allheil-Strategie" die deutsche SIEMENS zu treffen: Dort werden Geschäftsbereiche, die eine bestimmte Rendite und Produktivität nicht erreichen, über kurz oder lang abgebaut werden. Die ersten Pläne liegen schon am Tisch und man spricht von einem Arbeitsplatzabbau von rund 15.000 Stellen. Können diese Strategien auch nur mittelfristig die Wettbewerbsfähigkeit von Europa sichern oder gar ausbauen? Kann diese Rechnung aufgehen? Bekannte Wirtschaftsjournalisten fragen sich immer öfter und lauter, wie viele Ressourcen und wie viel Know-How auf diese Weise vernichtet werden. Gleichzeitig werden angesichts der Entwicklungen in China und Indien unsere Politiker nicht müde zu betonen, dass sich im Europa der Zukunft die Know-How-Basis und hoch qualifizierte Jobs befinden werden, während in den wirtschaftlich aufstrebenden Kontinenten im Globalisierungsgeflecht Arbeitsplätze und Jobs mit geringeren Ausbildungserfordernissen entstehen werden. Wer in den letzten Jahren in China oder Indien war, kann diese Beruhigungspille (die in Wirklichkeit im Hinblick auf Arbeitsplätze auch keine ist) längst nicht mehr schlucken.
 
Nun ist gegen Kostenorientierung natürlich ebenso wenig einzuwenden wie gegenüber Überlegungen, allzu breite Produktpaletten und Diversifikation einzuschränken, die aus vormals "satten" Jahren im Überschwang der Stärke entstanden sein mögen. Aber während allerorten fehlende Innovationskraft beklagt wird, glauben offenbar viele Unternehmen ihr Heil in Radikalkuren finden zu müssen. Wie soll, fragen wir uns, in diesem Klima kurzfristiger Gewinnmaximierungen die Kraft für Innovation entstehen? Strikt verordnete Programme und Verfahren prägen immer mehr den Alltag der Manager. Da bleibt nicht viel Zeit und Energie für Neues. Es gibt ein Muster in Organisationen, das in schwierigen Phasen dafür sorgt, auf angeblich sichere Methoden zurückzugreifen - auch wenn eben diese die Wurzel derselben Probleme sind, vor denen man derzeit steht. Diese "Rette sich wer kann"-Einstellung hat unserer Meinung recht wenig mit der Art von verantwortlichem Leadership zu tun, das unsere Wirtschaft und die Mitarbeiter der Unternehmen in Zeiten echter Herausforderung verdienen würden.
 
In unserer Arbeit im metalogikon geht es um Formen der Unternehmensführung, die die Ressourcen des Unternehmens nicht nur voll nutzen, sondern auch weiterentwickeln. Wir sehen bei Projekten, die Mitarbeitereinbeziehung ernst nehmen, wie viel an Potenzial, Einsatzkraft und Ideenreichtum in den Unternehmen vorhanden ist und normalerweise nie bemerkt, geschweige denn genutzt wird. Pragmatische Formen der Partizipation stellen natürlich das Management vor sehr unmittelbare Herausforderungen, haben aber den Vorteil, dass sie unmittelbar umgesetzt werden können. Man kann heute damit beginnen. Voraussetzung dafür ist "lediglich" die persönliche Entscheidung dazu, das Potenzial im Unternehmen ernst zu nehmen. Das heißt natürlich auch, es zu fordern und mit ihm zu arbeiten und nicht nur, die bekannten "offenen Räume" zur Verfügung zu stellen - die sich allzu oft wenig später als unverbindliche Spielwiesen herausstellen. Nämlich dann, wenn sie wieder geschlossen werden. Obwohl "Führung" seit Jahrzehnten das Seminarthema schlechthin ist, blieb die Gestaltung partizipativer Führungsprozesse weitgehend ungelernt. Das geht auch nur im Lernfeld "Unternehmen" selbst. Dies allerdings beweisen in der Praxis unsere Lernprojekte, Interventionsformen und Projekte zur Steigerung der Innovationskraft, sowie Christoph Mandl eines im nächsten Beitrag beschreibt, in hohem Ausmaß.
 
Wir im metalogikon wollen zu einem gemeinsamen Denken, Lernen und vor allem Handeln anregen, wie man nachhaltig unseren Wirtschaftsraum wettbewerbsfähig halten kann. Und noch einmal sei es gesagt: An Ressourcen und den Möglichkeiten, sie wirtschaftlich zu nutzen, bestünde keinerlei Defizit. Das ist woanders zu suchen.
Rudolf Attems

Zur Genesis von inn[o]pact

Die gesamte europäische Wirtschafts- und Forschungslandschaft befindet sich im Umbruch. Der globale, wissensbasierte Wettbewerb verändert das Umfeld der europäischen Forschung und Industrie von Grund auf. Die Verlagerung industrieller Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten europäischer Unternehmen in außereuropäische Regionen ist leider Realität. Aus dieser Einschätzung heraus begannen wir im Herbst 2002 an der Frage zu arbeiten, wie Organisationen innovativer werden können. Wie schaffen es manche Organisationen, grundlegende, nutzbringende Neuerungen für Wirtschaft und Gesellschaft immer öfter und rascher hervorzubringen und andere nicht? Heute, um 600 Arbeitstage, welche von 9 Organisationen und 35 Personen geleistet wurden, gescheiter, sind wir überzeugt, dass das Geheimnis innovativer Organisationen auf der Förderung unternehmerischer Risikobereitschaft und langfristigen Denkens bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beruht. Das Zulassen radikaler Ideen gepaart mit echtem Commitment schafft den Raum für grundlegende Innovationen und Veränderungen. Drei zyklische Aktivitäten stehen dabei im Zentrum: Das Erforschen der beruflichen Spannungsfelder - Welche Diskrepanzen zwischen Sehnsucht und Realität gibt es? - das Schaffen gemeinsamen Sinns - Wozu eigentlich arbeiten wir in derselben Organisation zusammen? - und Rapid Prototyping - Was denken Nutzer über die Neuerung, wenn sie diese bereits in drei Monaten erproben? Die Kunst und Praxis von inn[o]pact besteht darin, jene Rahmenbedingungen in einer Organisation zu schaffen, um den Zyklus der drei Aktivitäten entstehen zu lassen und dauerhaft zu machen.
Christoph Mandl

Metalogisches in die Städte, Dörfer und Regionen!

Es gibt Experten, die sagen, wir befänden uns in einem gesellschaftlichen Umbruch, der vergleichbar sei mit dem Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft. Na ja, ob die Größenordnung so hinkommt, weiß ich nicht. Aber dass unsere Gesellschaft vor historisch neuen und gewaltigen Herausforderungen steht, dessen bin ich mir gewiss. Mich beschäftigt die Frage, was das für die Zivilgesellschaft heißt, für die BürgerInnen eines Dorfes, einer Stadt, einer Region? Es braucht einen sich neu organisierenden Gemeinsinn für ein gutes Leben in der Zukunft. Keinen moralisch induzierten Gemeinsinn, sondern einen, der aus Einsicht, Eigenverantwortung, aus Lust am Miteinander, aus Gestaltungswillen und dem Sinn einer Aufgabe kommt. Infiziert vom Virus der Lernenden Organisation träume ich von der Lernenden Stadt. Vom World Café auf dem Marktplatz. Von Dialogrunden im Bürgerzentrum. Von KommunalpolitikerInnen, die interessiert sind am Ideenreichtum, Innovationsgeist und Gestaltungswillen ihrer Bürgerschaft! Und wenn über Nacht das berühmte Wunder geschehen wäre, und die Stadt, das Dorf, die Region, in der Sie leben, wäre eine Lernende Community, woran würden Sie das am nächsten Tag merken?
Marie-Luise Stiefel

Veranstaltungen, Projekte, Interessantes

Metalogkonferenz: Zivilcourage
Zivilcourage ist das Thema unserer nächsten Metalogkonferenz, die von 25. - 28. Oktober 2006 in Strobl/Wolfgangsee stattfindet. Menschen mit Zivilcourage sprechen Unausgesprochenes aus, haben Mut zu anderer, manchmal einsamer Position, bringen Energie in stockende und leblose Prozesse. Welche Bedingungen schaffen oder verhindern Organisationen, Institutionen, Gesellschaften für das Blühen dieses Phänomens Zivilcourage? Das sind nur einige Aspekte und Fragen, die uns auf dieser Konferenz beschäftigen werden.
 
"Verblüffende Vielfalt - Führungskräfte beraten Führungskräfte" läuft in Wien - Einstieg ist möglich.
Eine Gruppe von Führungskräften aus Profit- und Non- Profitunternehmen trifft sich alle sechs Wochen, um an Frage- und Problemstellungen zu arbeiten, die aus ihrer Führungspraxis heraus entstanden sind. Wie läuft so ein Beratungstag ab? Nach einer einstimmenden und vertiefenden Arbeit zum eigenen Führungsverständnis arbeiten wir an 2 -3 Praxisbeispielen. Die "Fallbringer" schildern ihre Situation, stellen eine Frage an die Gruppe, wo sie gerne eine Antwort hätten. Mithilfe eines geeigneten Bearbeitungsrahmens werden Lösungsmöglichkeiten aus dem reichen Erfahrungsschatz, Know-How und Kreativität der Teilnehmer entwickelt. Ein nächster Einstieg ist Ende November 2005 möglich.
 
Interessante aktuelle Bücher für Sie zusammengestellt von Christoph Mandl
Edgar H. Schein: Aufstieg und Fall von Digital Equipment Corporation, Edition Humanistische Psychologie, September 2005
Henry Mintzberg: Manager statt MBAs, Campus Verlag, März 2005
Steven Strogatz: Synchron, Berlin, März 2004